Die WS ist ein Wunderwerk der Natur. Es treten bei völlig normalen Aktivitäten Drucke auf, die unvorstellbar sind. Höchste technische Anstrengungen wären nötig, um eine künstliche WS zu konstruieren, die solche Drucke ohne Schaden tolerieren würde, wie es eine menschliche Wirbelsäule tut.
Maßeinheit für den Druck:
In den Diagrammen sind als internationale Einheit für den Druck MPa (Milli-Pascal) angegeben. 1 MPa entspricht 10 Bar.
Hier im Text bleiben wir bei Bar, weil diese Einheit für uns geläufiger ist.
Welche BS-Drucke sind normal?
Autoreifen:
Drucke 2-3 Bar
Bandscheibe:
gemessenes Drucke
zwischen 1-23 Bar
Im Liegen lastet das Körpergewicht nicht auf der WS. Lediglich die Eigenspannung der Bänder und die Ruhe-Spannung der Muskulatur zieht die Wirbel gegeneinander. Zum Druckanstieg während einer längeren Liegezeit (Schlafen) lesen Sie bitte
Wie ernährt sich die Bandscheibe
Stehen, Sitzen und „Lümmeln“
Die nebenstehende Abbildung zeigt den Verlauf des Bandscheibendruckes.
- Stehen: 5 Bar
- Sitzen aufrecht: 5 Bar
- Sitzen lümmeln: 2,5 Bar
Den Druck im Stehen sehen Sie rechts außen im Bild. Er schwankt um den Wert von 5 bar, je nachdem, wie „aufrecht“ das Stehen muskulär gehalten wird. Das aufrechte Sitzen mit angelehntem Rücken, die Arme auf den Armlehnen abgelegt, verursacht einen Druck von 3,3 Bar (links im Bild).
Das „Lümmeln“, dh das angelehnte Sitzen mit rundem Rücken, verursacht einen Druck zwischen 2,7-3 Bar. Der Druck ist niedriger, wenn der Rücken entspannt „durchhängt“ (linke Bildhälfte unten).
Das aufrechte Sitzen ohne Unterstützung der Lehne (Rückenschule) verursacht einen Druck von etwa 5 Bar wie beim Stehen. In dieser Position sind die Rückenmuskeln stärker angespannt als beim Lümmeln (rechte Bildhälfte).
Beim Anheben des Rumpfes durch Abstützen der Arme auf den Armlehnen (Barrenstütz) lässt den Druck auf 1 Bar absinken (links unten im Bild). Dabei sind die Rückenmuskeln entspannt. Wie im Liegen wird der Druck von der Eigenspannung der Bänder und der Ruhespannung der Muskulatur erzeugt. Die Druckspitzen bis zu 11 Bar (rechts oben im Bild) entstehen beim Aufstehen bzw Hinsetzen. Sie werden erzeugt durch die Anspannung der Muskeln beim Vorbeugen.
Bücken mit rundem Rücken
Diese Bewegung wird gewohnheitsgemäß bei Alltagsaktivitäten ausgeführt. Beim Arzt werden Sie aufgefordert, sich zur Prüfung der Beweglichkeit zu bücken: gestreckte Knie, die Fingerspitzen sollten bei freier Beweglichkeit den Boden berühren. Bei der Dehnungsgymnastik der rückseitigen Oberschenkelmuskulatur führen Sie eine ähnliche Bewegung aus.
Niemand käme auf die Idee, diese Bewegung als schädlich einzustufen. Die Abbildung zeigt den Bandscheibendruck. Es macht praktisch keinen Unterschied, ob beim Vorbeugen beide Knie gestreckt gehalten oder ob ein Knie dabei angebeugt wird.
Anheben einer Last
Der berühmte Kasten Bier (20kg) wurde mit geradem Rücken (Rückenschule) und mit rundem Rücken an-gehoben.
- Anheben mit geradem Rücken: 17 bar
- Anheben mit rundem Rücken: 23 bar
Physikalisch betrachtet ist es logisch, dass beim Anheben von hohen Lasten auch hohe Bandscheibendrucke auftreten. Beim Anheben mit geradem Rücken ist der Hebelarm der einwirkenden Last kürzer, somit die Belastung der WS geringer. Die Rückenmuskeln müssen weniger Kraft aufwenden. Der BS-Druck ist niedriger. Beim Anheben mit rundem Rücken ist der Hebelarm der einwirkenden Last länger, somit ist die Belastung der WS höher. Die Rückenmuskeln müssen mehr Kraft aufwenden. Der BS-Druck ist höher.
Interessant ist die Größenordnung: Das Anheben von 20kg mit rundem Rücken verursacht einen um etwa 1/3 höheren Druck als das Anheben mit geradem Rücken bzw das alltägliche Bücken mit rundem Rücken. Relativ betrachtet ist das nicht so wesentlich mehr. Welche Drucke mögen wohl auftreten, wenn Leistungssportler 200kg anheben, und das beschwerdefrei? Damit soll nicht gesagt werden, dass das gesund ist. Sondern nur, dass das beschwerdefrei toleriert werden kann, wenn die Rückenmuskeln entsprechend stark sind und die Bandscheiben und Knochen für die Belastung auftrainiert wurden.
Die Abbildung zeigt den Verlauf des Bandscheibendruckes beim unterschiedlichen Anheben und Halten der Last (20kg).
Rückenschule:
beim Anheben und Absetzen der Last mit geradem Rücken liegt der Druck bei 17 bar.
Mit rundem Rücken steigt der Druck bis auf 23 bar. Wird die Last auf Brusthöhe am Körper gehalten, liegt der Druck bei 11 bar.
Wird die Last auf Brusthöhe 60 cm vom Körper entfernt gehalten, steigt der Druck auf 18bar (längerer Last-Hebel, höherer Krafteinsatz der Rückenmuskeln).
Die Abbildung zeigt den Druckverlauf bei einseitigem Anheben (einarmig) einer Last von 20 kg und die Druckschwankungen bei jedem Schritt, wenn die Last einarmig getragen wird.
Hüpfen und Springen: 12-19bar Die Abbildungen zeigen die Drucke beim Seilspringen und auf dem Trampolin.
Die niedrigsten Drucke treten auf, wenn sich Körper beim Hüpfen auf dem höchsten Punkt befindet. Die höchsten Drucke treten im Moment des Absprunges vom Boden auf. Die Höhe der Druckspitzen ist abhängig von der Sprunghöhe. Je höher der Sprung, desto höher sind die Beschleunigungskräfte beim erneuten Hochspringen nach der Landung auf dem Boden. Im Moment der Bewegungsumkehr werden die Rückenmuskeln reflektorisch angespannt, um die WS zu stabilisiern.
Am eindruckvollsten konnten wir diesen Zusammenhang bei der Kraftmessung der Rückenmuskeln im MedX-Gerät nachweisen.
In 6 Meßpositionen zwischen vorgebeugter Position und aufgerichteter Position wurde jeweils die gleiche Kraft entwickelt. Der Druck war in allen Positionen gleich. Er war also allein abhängig von der aufgewendeten Kraft und nicht von der Haltung der Lendenwirbelsäule.
Am Lebenden gemessen im Labor bestätigt: Kraft erzeugt Bandscheibendruck und somit Stabilität für die Wirbelsäule
Im Wirbelsäulensimulator (Prof. Wilke, Universität Ulm) wurden menschliche Wirbelsäulenpräparate untersucht. Muskelkräfte wirkten PC-gesteuert über Stahlseile auf die Wirbelsäule ein. Der Bandscheibendruck wurde gemessen. Gleichzeitig wurde geprüft, wie stark sich zwei Wirbel gegeneinander verschieben lassen (Scherkräfte).
Dabei wurde festgestellt:
Je höher die erzeugte Muskelkraft desto höher der Bandscheibendruck desto weniger lassen sich zwei Wirbel gegeneinander verschieben
Fazit:
Muskelkraft und Bandscheibendruck stabilisieren die Wirbelsäule.